Vereinigung Chiemgauer Mineralien- und Fossilienfreunde Traunstein e.V.
Vereinigung Chiemgauer Mineralien- und FossilienfreundeTraunstein e.V.

Tourenbericht Nordgriechenland 6. bis 19. Jan. 2020

Das Ziel unserer Sammeltour war, weil wetterabhängig, bis einen Tag vor Abfahrt offen. Wir, das sind Helmut und Herbert Schader, Alois Lechner (vielen in der Szene auch als Trio infernale bekannt) und Robert Hauser (als relativ unbescholtenes Alibi). Unter ständiger Beobachtung der europäischen Gesamt-Wetterlage verdichtete es sich dann, dass es Richtung Südosten gehen würde, und zwar auf dem Landweg. Wir brachen früh auf, kamen relativ gut voran und erreichten unseren ersten Übernachtungsplatz kurz hinter der griechischen Grenze gegen halb neun. Griechenland begrüßte uns sehr stürmisch und wer pinkeln musste, war gut beraten, den Standort sorgfältig auszuwählen…  Die Bauchlage wäre eine relativ sichere Alternative gewesen, aber wer hätte dies jemals schon getan.

Am nächsten Morgen bunkerten wir griechischen Proviant und fuhren Richtung Sithonia, dem mittleren Finger der Halbinsel Chalkidiki, an deren südlichem Ende Bergkristall-Funde im Granitgestein bekannt waren. Vorbei an traumhaften, um diese Jahreszeit fast menschenleeren Sandstränden erreichten wir unseren nächsten Standort oberhalb einer Ortschaft mit schöner Aussicht am Waldrand gelegen und schwärmten auch, durch erste, am Weg gelegene Kristallbruchstücke motiviert, gleich aus. Jedoch, abgesehen von unscheinbaren Lesefunden, ohne Erfolg. Was uns nicht davon abhielt, am Abend ordentlich zu feiern und es am folgenden Tag bei schönem Wetter aber zapfigen Temperaturen erneut zu versuchen. Wir fanden im Gebüsch zwar verheilte Scherben ehemaliger Riesenquarze bis zu 20 Zentimeter, der Geburtsort solcher Geräte hielt sich jedoch bedeckt. Auch tags darauf und obwohl wir die Gegend auf grenzwertigen Straßen systematisch abfuhren und zu Fuß absuchten und jede Menge vielversprechende Aufschlüsse untersuchten: Dípota, wie der Grieche sagt, überhaupt nichts - abgesehen von kaum sammelwürdigen eingewachsenen Feldspat-Kristallen und Muskovit-Glimmern.

Wir suchten uns einen neuen Übernachtungsplatz im Südosten der Sithonia mit Blick auf den heiligen Berg Athos im Abendlicht und beratschlagten beim Bier, wie es am nächsten Tag weitergehen sollte. Wir waren uns einig, am Folgetag Richtung Osten, konkret in die Gegend um Xanthi, aufbrechen zu wollen und dies taten wir dann auch. Lois und Robert mit einem Zwischenstopp beim griechischen Mineraliensucher Tasos Tsinidis, von dem sie auch ein paar Stücke erwarben und der wie immer gerne Fundstellen-Tipps und Lageskizzen gab.

Nach Übernachtung oberhalb eines Klosters suchten wir am nächsten Morgen eine dieser Fundstellen, die für Granate, Epidot und Quarz bekannt ist, auf. Diese kommen in Skarn-Gesteinen in drusigen Hohlräumen vor und man findet auch, obwohl das Gebiet schon stark abgesucht ist, garantiert etwas, aber die Qualität der Mineralien ist nicht von der Art, dass man mehr wie 1-2 Tage dort verbringen möchte.

Ergo brachen wir am nächsten Morgen auf, zunächst um nach Ersatz für Herberts löcherige Luftmatratze zu suchen, damit er nicht mehr auf der harten Holzunterlage seines Busses schlafen musste, was sich als gar nicht so einfach erwies. Wir fuhren weiter in Richtung türkische Grenze, weil Lois dort unbedingt eine verlassene Mine (King Arthur Mine) mit interessanten Vererzungen, die noch von der diebischen Schutzmacht England angelegt worden war, aufsuchen wollte. Unterwegs zuckelten wir hinter einer jungen, aber fahrerisch völlig unbegabten Frau, die auf einer breiten Schnellstraße mit Tempo 40 km/h fuhr. Nun gab es dort auf schnurgerader Strecke auf einer Länge von ca. 15 km eine doppelte durchgezogene Mittellinie, die ein absolutes Überholverbot bedeutet, worum sich die Griechen aber noch nie geschert haben. Und weil wir irgendwann genauso griechisch zu denken begonnen hatten, haben wir die Schneckentempo-Dame auch mit unseren beiden Fahrzeugen überholt. Das hätte ich gar nicht erwähnt, wenn da nicht auf dieser Strecke eine zuvor nicht bekannte, massiv erhöhte, durch das Flüchtlingsaufkommen bedingte Präsenz der griechischen Polizei in allen möglichen Verstecken entlang der Straße bestanden und man uns aufgehalten, ordentlich geschimpft und zu einer drakonischen Geldbuße verdonnert hätte. Wir haben den Ball flach gehalten und auf den Hinweis, dass alle Griechen ständig zu schnell fahren und die doppelt durchgezogene Mittellinie völlig ignorieren, verzichtet, auch weil die völlig korrekten Polizisten im Nebensatz erwähnten, dass sie normalerweise Fahrzeuge und Führerscheine beschlagnehmen müssten. Unsere Empfehlung an die unter Euch, die nach Griechenland fahren möchten, lautet also:

Haltet Euch, egal was die Einheimischen um Euch herum auf der Straße treiben und wenn sie noch so drängeln, an die Verkehrsregeln, damit nicht auch Ihr zur Sanierung maroder Staatsfinanzen herhalten müsst.

Zurück zum Eigentlichen: Für Lois´ ersehnte Mine gibt es keine Koordinaten, sie liegt am Rande der Zivilisation und die Kenntnisse der Einheimischen sind recht spärlich, weil der Abbau schon länger zurückliegt. Nach wiederum kalter Nacht mit Temperaturen unter Null, aber in wahnsinnig schöner Lage, gelang es uns am nächsten Tag, die Lokalität näher einzukreisen und schließlich auch zu finden und Belegstücke zu finden, die aber sogar Lois nur einigermaßen gefielen. Aber solche Dinge lassen einem Sammler keine Ruhe, bevor man nicht selbst dort war und sich ein Bild gemacht hat. Und wir haben uns, wie so oft, in schöner Landschaft und Natur bewegt.

Nachdem dieser Punkt abgearbeitet war, wollten wir auf der Insel Thassos, die einige von uns schon oft zur Mineraliensuche bereist haben, unser Glück versuchen, setzten mit der Fähre bei glatter See über und suchten uns bereits im Dunkeln einen Stellplatz unweit der Ortschaft Kinyra, wo schon in der Antike Gold abgebaut wurde und deren Umgebung für recht nette Bergkristalle und Zepterquarze bekannt ist.

In den Folgetagen waren wir zunächst dort unterwegs, fanden aber wenig Ansprechendes. Aufgrund des mittlerweile recht ungebärdigen Meeres kamen die Fundstellen direkt in Höhe des Meeresspiegels nicht recht in Frage und so suchten wir das Hinterland ab. Dies gestaltete sich teilweise recht schwierig, weil im November des Vorjahres anhaltende, sintflutartige Regenfälle Straßen unterspült, weggerissen oder massiv ausgewaschen hatten, so dass sie, auch infolge Windbruches, häufig unpassierbar waren. Das gleiche Problem bestand am Trikorfo, einem Berg oberhalb der Ortschaft Theologos, wo es recht schöne Kyanite, Granate, grünen Viridin und Bergkristalle im penninischen Habitus gibt und wir doch recht weite Strecken zu Fuß bewältigen mussten. Die Mühe wurde schon ein bisschen belohnt, aber wir blieben noch deutlich hinter unseren Erwartungen und Möglichkeiten zurück. Es wollte einfach nicht, wie wir es formulierten, so richtig auftun.

Gottseidank waren wir in der glücklichen Lage, gleich zwei Hobbyköche in unserem Team dabei zu haben, die abends für’s leibliche Wohl sorgten. Die Abende verbrachten wir regelmäßig in Herberts Bus, weil es draußen einfach richtig kalt wurde, sobald die Sonne, die tagsüber meist für Temperaturen um 12 Grad plus gesorgt hatte, untergegangen war. Natürlich trösteten wir uns auch mit flüssigen, teils hochprozentigen Kalorien.

Am vorletzten Sammeltag stolperte Helmut über eine mitten im Zufahrtsweg zu einer vielbesuchten Badebucht gelegene kleine Kluft, mit klaren Bergkristallen bis zu 6,5 cm Länge und Einschlüssen von Siderit und Chlorit, die wir dann ausräumten und den kleinen Hohlraum mit Steinen aus der Nachbarschaft, von Panzer-Lois ordentlich festgetreten, wieder auffüllten. Wenn man die meist in der Natur schon beschädigten Bergkristalle mit den Einschlüssen betrachtet, hat man den Eindruck, in ein Aquarium reinzuschauen.

Am letzten Sammeltag waren wir voller Unruhe und wagten einen letzten verzweifelten Versuch unweit von Kinyra und spalteten uns wie in den Tagen zuvor in zwei Teams auf. Und tatsächlich ging am Nachmittag der Knoten auf und Helmut und Herbert gelang es sogar, eine Kluft mit Rauchquarzen von guter Farbe und unverschämtem Glanz, viele davon durch tektonische Bewegungen abgeschert und wieder verheilt, zu finden. Wieder am Stellplatz angekommen, kamen wir beim Auspacken der Funde aus dem Staunen nicht mehr heraus und freuten uns wie kleine Kinder. Was für ein Festtag!

Am darauffolgenden Samstag traten wir die Rückreise auf der gleichen Strecke mit Zwischenübernachtung auf einem ganzjährig geöffneten Campingplatz, der den sinnreichen Namen „Enigma“ – das Rätsel – trägt, mit „Restaurant“ in Serbien, an. Eigentlich wollten wir dort auch duschen, aber dann siegte der innere Schweinehund (nachts, nass, kalt, brr) und wir sagten uns: Jetz is aa scho wurscht! De paar Stund hoit ma’s aa no aus!

Anzumerken ist, dass das Fahrer-Duo Schader an jedem, aber wirklich jedem Grenzübergang, aufgehalten und das Fahrzeug kontrolliert wurde, das offenbar und unverständlicher Weise seriöser wirkende Team Lechner/Hauser jedoch nie. Nun werden einige von Euch sagen: na klar, die Grenzer haben Menschenkenntnis und die zwei Schadern muss man einfach anhalten. Ehrlicherweise möchte ich das aber nicht so stehen lassen und bekennen, dass es am Fahrzeug, mit dem man auch gut und gerne Flüchtlinge schmuggeln hätte können, gelegen haben wird.

Zusammenfassend war es eine sehr schöne Sammel-Tour mit einem uns wohl gesonnenen Wettergott und jeder Menge Spaß und der Autor freut sich schon auf’s nächste Mal, egal wann es wohin auch immer gehen wird. Winter-Camping, auch unter einfachsten Bedingungen, hat schon was. Ich hoffe, dass der Kurzbericht und ein paar Fotos den einen oder anderen zur Nachahmung anregen.

 

Robert Hauser

 

 

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© Günter Helbig